Geschichte

Die Geschichte des Stadtarchives wäre unvollständig ohne ein wenig über den Stadtverein Gmünd zu erzählen. Wie alles begann …

Vom Verschönerungsverein zum Stadtverein

Schon vor 100 Jahren gab es in Gmünd eine Gruppe von Frauen und Männern, denen die Erhaltung der Stadt und ihrer Umgebung ein Anliegen war. Der damalige „Verschönerungsverein“ – angeregt und als Obmann geleitet von Frido Kordon, Gmünder Apotheker und legendärer Erschließer unserer Berge – legte Wanderwege an, sorgte sich für ihre Beschilderung und Reinhaltung. Mit dem damals beginnenden Fremdenverkehr wurde die Sauberkeit der Stadt zum vordringlichen Arbeitsgebiet der Vereinsmitarbeiter. Abwasserkanäle wurden gebaut und das freie Herumlaufen von Kleintieren (Schweine, Gänse, Hühner) wurde eingeschränkt, später in der Innenstadt verboten. Gmünd wollte sich den Besuchern sauber präsentieren! Dass es heute noch einen Bauer innerhalb der Stadtmauern gibt, ist aus historischen Gründen ein Glücksfall. Waren es doch früher die Bauern mit ihrem Vieh, die in Krisenzeiten bei geschlossenen Stadttoren das Überleben der Stadtbewohner sicherstellten.

An den alten Aufgabenbereichen hat sich nichts geändert. Hinzugekommen ist der Wunsch, auch in das bauliche Geschehen beratend eingreifen zu können. Hierbei kam es zu einer wertvollen und für die Entwicklung des Vereins entscheidenden Zusammenarbeit mit einem Mann, der wohl als „Gründungsvater“ des neuen Stadtvereins bezeichnet werden kann, mit dem Architekten Dr. Kurt Moritz aus Millstatt. Es war ein glücklicher Zufall, der ihn nach Gmünd gebracht hatte. Er musste damals im Auftrag eines Millstätter Bauherren ein Bett zeichnen, das zu einem Kasten im Antiquitätengeschäft Pfeifhofer passen sollte.

Mehrere Besuche bei Familie Helmut und Lies! Pfeifhofer folgten. Es kam zu vielen Gesprächen und Zusammenkünften, auch mit interessierten jungen Leuten aus Gmünd. Der Auftrag, das Rathaus zu sanieren, und seine Arbeit als Stadtarchitekt machten ihn zu einem „Fan“ unserer Stadt. Er begeisterte mit seiner Art viele junge Gmünder und überzeugte sie von der Notwendigkeit, für die weitere Entwicklung Gmünds den alten Verschönerungsverein in einen neuen „Stadtverein Gmünd“ überzuleiten. „Die mittelalterliche Stadt ist euer Kapital für die Zukunft“ war seine eindringliche Mahnung.

Verschönerung der Stadt – Umbau der Burg

Genaue Aufzeichnungen aus dieser Zeit sind erhalten, wir verdanken sie den sorgfältig gesammelten Unterlagen des Vereinschronisten Kurt Moser. Zur ersten Informationsveranstaltung am 12.12.1969 kamen 100 Personen, 32 meldeten sich zur Mitarbeit. Zur Gründungsversammlung im März 1970 kamen Dr. Rudolf Borowan, Ursula Bressnik, Erich Egger, Heinz Gradenegger, Helmut Hayden, Rudolf Hofer, Maria Hrovat, Ulli Moser, Leopold Perauer, Helmut Pfeifhofer, Gertraud Tragatschnig und der Obmann Architekt Dr. Kurt Moritz.

Das Arbeitsprogramm, das sie sich vorgenommen hatten, war gewaltig: Erhebung der Mängel innerhalb der Stadtmauern sowie in der Pongratzenvorstadt und der Unteren Vorstadt, Entrümpelung des Flussbettes der Malta, Ausarbeiten eines Färbelungsplanes für die Häuser am Hauptplatz, Anbringen von Informationstafeln an besonderen Häusern und Denkmälern, Planung eines Stadtmuseums und Sicherungsarbeiten auf der Burg. Natürlich hatte (und hat) der Stadtverein nicht nur Freunde, viele verbaten sich die Einmischung in ihre privaten Angelegenheiten und so kam es bei Fenstereinbauten, Zaungestaltungen, Färbelungen immer wieder zu Auseinandersetzungen. Aber die Arbeit trug Früchte! Eine langjährige Urlauberin, Frau Erni E. aus Hamburg schrieb im April 1971: „ Ich bin erstaunt, wie viel für die Verschönerung der Stadt getan wird.“ Und 1974 erschien ein Artikel in der „Presse“ über das „Kärntner Rothenburg“. Im Bericht heißt es: „Die kleine Stadt Gmünd ist ein Musterbeispiel hinsichtlich der Erhaltung und Pflege des Ortsbildes.“ Was der Autor wohl heute schreiben wurde?

Die meisten Gebäude innerhalb der Stadtmauern stehen unter Denkmalschutz und sind auch durch die Haager Konvention geschützt, was es den Besitzern manchmal schwer macht, ihre Umbauwünsche zu verwirklichen. Dennoch sind die Entscheidungsträger Gmünds gut beraten, für den Fortbestand des mittelalterlichen Erscheinungsbildes Sorge zu tragen. Glasfassaden und Stahlbetonkonstruktionen gibt es in jedem beliebigen Ort. Unsere Stadt sollte sich das anheimelnde mittelalterliche Flair behalten dürfen, das unseren Gästen so gefällt.

Unter den weiteren Obmännern Dr. Rudolf Borowan, Dieter Landsiedler und Hauptschuldirektor Heinz Tragatschnig konnte ein Großteil der Planungen verwirklicht werden. Als Höhepunkt der wertvollen Arbeit des Stadtvereins darf sicher die Freigabe der Burg für verschiedene Veranstaltungen und die Eröffnung des Burgrestaurants im Juni 1992 genannt werden. Eine über 20 Jahre dauernde Arbeit war damit von Erfolg gekrönt, aber natürlich nicht zu Ende.

Erforschung der Stadtgeschichte

Der gegenwärtige Obmann des Stadtvereines, Anton Fritz, hat die Erforschung der Stadtgeschichte als neuen Schwerpunkt gewählt. Die von ihm in Auftrag gegebene bauhistorische Untersuchung der Stadtmauer und der angrenzenden Gebäude brachte für Gmünd ganz neue Erkenntnisse. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Burg über der Stadt erst mit der Stadterweiterung im 14. Jahrhundert entstand, und dass die erste, romanische Burganlage zum Amthof umgebaut wurde. Mit der Pankratiuskirche gehört diese romanische Burg zu den ersten Bauten, die in Gmünd um 1200 vollendet wurden.

Eine ständige Sorge war und ist die Erhaltung der Kulturdenkmäler, die in regelmäßigen Abständen restauratorisch betreut werden müssen. Es gibt in Gmünd drei Kirchen, in denen noch Gottesdienste gehalten werden, es sind dies die Stadtpfarrkirche „Mariä Himmelfahrt“, die Kalvarienbergkirche und die heute meist als „geteilte Kirche“ bezeichnete Kreuzbichlkirche. Die Kreuzwegstationen am Kalvarienberg und die Gruft der Grafen Lodron, die sogenannte Altweiberkapelle, die Mautkapelle, der Bildstock für die Verkehrstoten und einige Brunnen, deren undichte Holztröge nach und nach durch Steintröge ersetzt wurden, gehören zu den Kleindenkmälern, die — in Zusammenarbeit mit Bundesdenkmalamt und Gemeinde — vom Stadtverein und den Gmünder Goldhaubenfrauen immer wieder betreut werden. 2015 wurde die Generalsanierung der Kreuzbichlkirche abgeschlossen, eine weitere Kirche in Platz, dem hl. Ulrich geweiht und seit über 100 Jahren als landwirtschaftlicher Lagerraum in Verwendung, konnte von Bürgermeister Josef Jury für die Stadtgemeinde angekauft werden. Dieser Bau wurde dendrochronologisch in das Jahr 1330 datiert und ist, was als Besonderheit angemerkt werden kann, unverändert erhalten geblieben. Lediglich die Holzdecke und die Empore wurden entfernt. Die Renovierung wurde 2013 mit der Trockenlegung begonnen und soll demnächst mit der Sicherung der Putze fortgesetzt werden.

Das Archiv als Idee

Die Beschäftigung mit der Geschichte (und die dafür erforderlichen Forschungen) machte sehr rasch klar, dass Gmünd dringend ein Archiv braucht, in dem vorhandene Akten, zeitgeschichtliche Privatarchive und Forschungsergebnisse zusammengeführt werden können.

In vielen Gesprächen mit Herbert Wagner, Hauptschuldirektor und „lebendes Lexikon“, wenn es um die Geschichte Gmünds und des Lieser-/Maltatales ging, kamen wir zum Schluss, dass es für sein zeitgeschichtliches Archiv unbedingt einen geeigneten Raum in Gmünd geben muss. Immerhin hat Gmünd eine sehr bedeutende Archivvergangenheit, gab es doch in unserer Stadt drei sehr umfangreiche Dokumentensammlungen. Das Stadtarchiv, das Raitenau/Lodronsche Familienarchiv und das Archidiakonalarchiv. Da es immer wieder vorkam, dass Archivbestände aus den Ortsarchiven verschwanden und irgendwo auf Flohmärkten wieder auftauchten, beschloss sowohl das Land als auch die Diözese, die vielen Bestände aus den Orten nach Klagenfurt zu bringen. Viele Kilometer Regale wurden im Landesarchiv gefüllt, und auch im Diözesanarchiv musste neuer Platz für die Unterbringung der Archivalien geschaffen werden. Diese Übersiedlung brachte es mit sich, dass in den Orten nur mehr die Bestände der ca. letzten 100 Jahre verblieben sind. In Gmünd wurden die Restbestände des Lodronschen Archives — wie Augenzeugen berichteten – im Burghof verbrannt, im Pfarrhof verblieben sie im Archivraum und in der Gemeinde kamen sie – wohl wegen des Umbaus des Rathauses — auf den Dachboden.

Bei der Suche nach einem geeigneten Raum kam dem Stadtverein als eifrigsten Betreiber ein Zufall zu Hilfe …

Wer hätte gedacht, dass ein Regenspaziergang durch die Hintere Gasse eine Lawine ins Rollen gebracht hat, deren Auswirkungen hoffentlich noch viele Jahre zu sehen sein werden. Es waren viele Ordner auf einem hinter dem Rathaus stehenden Anhänger des Bauhofes, die den Spaziergänger stutzig machten …

Der geeignete Ort

Als nun die Verwendung des frei gewordenen St. Antonius Spitales feststand, wurden im Erdgeschoss einige Räume auch für das Stadtarchiv vorgesehen. Es gab eine Besichtigung der Räume mit den Landesarchivdirektoren von Kärnten und Salzburg, später auch ein Lokalaugenschein mit einem Bausachverständigen, immer im Beisein des Bürgermeisters und Amtsleiters. Da sich herausstellte, dass die Bekämpfung der Feuchtigkeit in den nicht unterkellerten Räumlichkeiten sehr kostenintensiv werden wird, begann die Suche nach einem Ausweichquartier. Ein treuer Helfer in dieser Zeit war mir immer mein Stellvertreter im Stadtverein, Alfred Schumi, der ebenfalls von der Idee eines Archives begeistert war. Warten war zwar nicht seine Stärke, aber er wusste: das Archiv wird kommen.

Dass es heute ein Archiv in der Kirchgasse 51, im ehemaligen Hartlhaus gibt, geht eigentlich auf den Wunsch Pauline Schumis zurück, die sich ein eigenes Atelier für die Ausstellung ihrer Tonarbeiten wünschte. Alfred Schumi erfüllte seiner Frau diesen Wunsch, kaufte das Hartlhaus und baute das Erdgeschoss für ihre Zwecke aus.

Sein Plan sah vor, die Räume im 1. Stock für das Stadtarchiv herzurichten und den Dachraum für zwei Wohnungen zu adaptieren. Seine vorbereitenden Arbeiten im 1. Stock gingen zügig voran, bis familiäre Probleme seinen für uns alle überraschenden Tod zur Folge hatten. Dem Weitblick der Stadt- und Gemeindemandatare ist es zu verdanken, dass die Gemeinde das Haus erwarb und die Sanierungsarbeiten im 1. Stock weitergeführt werden konnten. Die Arbeiten erwiesen sich als schwierig, die Steinmauern widersetzten sich Zirkel und Lineal. Schließlich durfte das alte Verweserhaus der Grafen Lodron (mit einer kurzen Verwendung als Gefängnis) seinen alten Charme behalten und strahlte trotz rauher und schiefer Wände mit den dann vier Mitarbeitern um die Wette.

Das Archiv entsteht

Im Stadtarchiv Gmünd wird bereits gearbeitet. Es gibt keine fixen Zeiten und die Eröffnung wird wohl noch einige Zeit auf sich warten lassen. Momentan arbeitet das ehrenamtliche Team im Hintergrund, sichtet und ordnet die Bestände, inventarisiert Bücher, Fotos und allgemeine Akten, die zum Teil auch von Bewohnern Gmünds und Umgebung zur Verfügung gestellt wurden. Einzelne Anfragen werden natürlich wie bisher beantwortet, auch für schulische und wissenschaftliche Arbeiten konnten schon Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.

Mit großer Dankbarkeit erinnere ich mich an unseren Ehrenbürger Herbert Wagner. Sein Entschluss, anstelle von Kränzen um Spenden für das Stadtarchiv zu bitten, ermöglichte uns die Anschaffung eines PCs und, nach Fertigstellung des Lesesaales, auch die Anschaffung der Einrichtung. Da es sich finanziell nicht ganz „ausging“, sprang Bürgermeister Jury mit einer Finanzspritze ein. Einen herzlichen Dank dafür! Die Auswahl und die Vermittlung für den Ankauf der Möbel hat uns Heinz Miklautz, der Chronist des Stadtvereines, mit seiner großen Erfahrung als Antiquitätenhändler abgenommen. Ohne Verrechnung von Selbstkosten, lediglich für den Transport der Möbel hat er einen geringen Benzinbeitrag angenommen. Auch ihm, dem wohl viel zu früh Verstorbenen und seiner Frau Margarete sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

Das Archiv ist natürlich eine Institution der Stadtgemeinde und wird momentan vom Stadtverein betrieben. Beide, Gemeinde und Verein, leiden unter chronischem Geldmangel. So sind wir vom Stadtverein sehr dankbar, dass uns auch private Spender unterstützen. So haben uns die Gmünder Goldhaubenfrauen bei einem Archivbesuch mit einer Spende überrascht und als Kranzspende nach dem Ableben von Frau Gertraud Tragatschnig, unserem Gründungsmitglied, haben uns die Familien Moser einen Betrag überwiesen. Auch dafür herzlichen Dank.

So können wir also das Stadtarchiv langsam mit den Geräten und dem Bürobedarf ausstatten, ohne die eine geordnete Arbeit heute nicht mehr möglich ist.

Zum Schluss ein Zitat aus dem Festvortrag von Hofrat Dr. Fritz Koller, dem ehemaligen Landesarchivdirektor von Salzburg im Oktober 2002 anlässlich der urkundlichen Erstnennung von Gmünd vor 750 Jahren: „Und das Liebenswerte an Gmünd ist, dass es trotz aller Erweiterung und Veränderung, im Kern sich wesentlich diesen frühmittelalterlichen Charakter erhalten hat. Es ist schon etwas Besonderes, dieses Gmünd, es ist sicher etwas, worauf sich lohnt, aufzupassen.“

Anton Fritz
Obmann des Stadtvereines und Leiter des Gmündner Stadtarchives